Auf den zweiten Blick
Zu den Arbeiten von Bianca Artopé (Auszüge)
von Anna Wondrak
Wahre Schönheit und schöner Schein, Idylle und Chaos können manchmal sehr nah zusammenliegen. In den komplexen, aus verschiedenen Ebenen zusammengesetzten Bildwelten von Bianca Artopé verdichten sich geheimnisvolle, atmosphärische Szenerien in einer (alp)traumhaften Anmutung. Im steten Bezug zu Mensch und Natur überlagern sich Zeit und Raum, Alt und Neu sowohl formal als auch inhaltlich.
Bianca Artopé kombiniert historische Gemälde und Fotografien mit Strukturen, malerischen Elementen und eigenen Fotografien, die sie in vielen verschiedenen Ebenen am Computer zu einer Collage zusammenfügt.
Der Menschen als Erschaffer und Zerstörer steht thematisch im Mittelpunkt der Arbeiten. Auch bei Motiven, in denen er nicht explizit auftaucht, sind doch immer die Auswirkungen seines Handelns zu spüren. So werden die Naturdarstellungen von Landschaften, Wasser und Bäumen von architektonischen Elementen wie Brücken, Staudämmen und Tunnel durchdrungen, die sinnbildlich für die Willenskraft des Menschen stehen, der oft gegen jede Vernunft seine Entscheidungsmacht missbraucht. Bianca Artopé spielt mit den Farben und verändert sie ebenso wie die Größenverhältnisse der einzelnen Bildelemente. Die Bildkompositionen sind ausgewogen und offenbaren erst auf den zweiten Blick ihre Symbiose von Alt und Neu und ihre thematischen Gegensätze. Die Überblendungen sind weich, fast malerisch und lassen dadurch die einzelnen Schichten noch mehr miteinander verschmelzen.
Zu Beginn der Umsetzung steht dann ein sehr haptischer und händischer Prozess. Durch mehrmaliges Spachteln der Leinwand mit Gesso entsteht eine Grundstruktur, auf der großflächig Blattmetall aufgebracht wird. Im Anschluss wird das Motiv im Giclée-Verfahren auf die metallene Oberfläche gedruckt und mehrere Millimeter tief mit glänzendem Epoxidharz eingegossen. Ihre besondere Tiefe entfalten die Bilder spürbar durch das Miteinbeziehen des Betrachters: Man kann gar nicht anders, als sich vor ihnen zu bewegen und dadurch ihre Vielschichtigkeit unmittelbar zu erfahren. In ihrer atmosphärischen Wirkung scheinen sie von innen heraus zu leuchten.
Hat man in den Arbeiten von Bianca Artopé die erste Ebene der rein ästhetischen Wahrnehmung erst einmal durchschaut, gerät man in die tiefgründigen Widersprüche des menschlichen Daseins. In der Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit wird der Betrachter angeregt, sich mit seiner eigenen Seitweise auf die Welt zu positionieren.